„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“

3. Januar 2023, Eva Knoche

In dem bekannten und oft zitierten Gedicht von Hermann Hesse heißt es weiter: „bist du bereit zum Abschied und Neubeginne?“ In meinem Wochenkalender steht z.B. für diese Woche, dass es manchmal auch nur einen neuen Blick auf Altbekanntes braucht, um einen neuen Weg zu gehen.
Wie wäre es also, wenn wir uns für den Beginn des neuen Jahres als Ziel setzen würden, anders, also neu, mit Altbekanntem umzugehen. Gerade auch in herausfordernden Situationen könnte das eine neue Erfahrung sein. Ich mache mal ein Beispiel: ich ärgere mich z.B. über das Verhalten von jemandem. Empfinde es als ungerecht, unangemessen oder was auch immer. Schnell ist es passiert, dass wir das Problem beim anderen sehen (bekanntes Verhalten). Hier könnte das Neue entstehen: ich bleibe mit der Wahrnehmung bei mir. Ich nehme mein Gefühl wahr. Vielleicht ist es Wut, Ärger, Enttäuschung. Bleibe bei mir. Spüre das Gefühl. Wo im Körper nehme ich das Gefühl wahr? Ich nehme mir einen Moment Zeit, um das Gefühl wahrzunehmen. Halte inne. Bin achtsam. Was will sich bei mir zeigen? Was möchte bewusst gemacht werden?
Wenn du magst, probiere es gleich aus: halte dir eine Situation vor Augen, über die du dich kürzlich geärgert hast. Hast du etwas gefunden? Dann benenne das Gefühl. Und spüre es einen Moment. Lass es da sein. Vielleicht eine ganz neue Erfahrung, die uns bestimmt zu einer neuen Stufe führt („Stufen“ ist ja auch der Titel des Gedichts von Hermann Hesse) und ganz in diesem Sinne heißt es am Ende: „wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.“ (Hermann Hesse)

Passend dazu eine kleine Geschichte zum Umgang mit Gefühlen:
(entnommen vom Newsletter von Dominik Spenst, Autor des 6-Minuten Tagebuchs)

Story: Willkommen Monster!
Als die Königin eines Tages außer Haus war, schlich sich ein Monster in ihre Burg. Die Wächterinnen versuchten alles, um dieses hässliche, stinkende und tobende Geschöpf zu verjagen: „Geh weg!”, schrien sie mit erhobenen Schwertern und stachen in seine Richtung. „Verschwinde bloß, niemand will dich hier haben!”

Doch das Monster setzte sich unbeeindruckt auf den Thron und wurde immer größer und größer. Jede Drohung und jedes böse Wort ließ es nur noch massiver werden, bis es schließlich den ganzen Saal einnahm. Als die Königin zurückkam, staunte sie nicht schlecht über den Gast. Doch sie war klug:

„Willkommen, Monster!”, sagte sie freundlich. Sie begriff schnell, dass das Monster durch die Gegenwehr immer größer und größer wurde. „Kann ich dir etwas zu Trinken anbieten? Etwas zu essen? Sitzt du bequem?” Das Monster war irritiert, aber auch freudig überrascht. Und mit jedem weiteren freundlichen Wort der Königin wurde es auf einmal kleiner, weniger stinkend und weniger anstößig. Noch bevor das Essen vollständig serviert war, war das Monster kaum noch zu sehen. Und nachdem es nur noch Floh-groß die Riesenmonster-Pizza-Deluxe verspeist hatte, verpuffte es zu Luft. 

Unsere Gefühle können wie das Monster sein. Kämpfen wir dagegen an, werden sie größer und einnehmender. Wenn das nächste Mal ein Monster namens Wut, Zorn oder Schmerz deinen inneren Palast einnimmt, heiße es doch einmal königlich willkommen und lass dich überraschen, was passiert 🙂 

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